Erweiterte Inhaltsangabe


Ilse Aichinger: Das Fenstertheater

Aufgabe:

Verfasse eine Inhaltsangabe zu der folgenden Geschichte Das Fenstertheater von Ilse Aichinger. Gehe im Anschluss daran der Frage nach, um welche Textart es sich bei dieser Geschichte handelt. Belege deine Aussagen mit Beispielen aus dem Text! Halte dich dabei an die in der Schule besprochene und geübte Form der erweiterten Inhaltsangabe.
Die Arbeitszeit beträgt 60 Minuten.

Viel Erfolg!

Zur Autorin:

Ilse Aichinger (* 1. November 1921 in Wien) ist eine österreichische Schriftstellerin und bedeu­tende Repräsentantin der deutschen Nachkriegsliteratur. Sie wurde mit ihrer Zwillingsschwester Helga am 1. November 1921 als Tochter einer (jüdischen) Ärztin und eines (nicht-jüdischen) Leh­rers in Wien geboren. Nach der Scheidung der Eltern (1927) wurden die Schwestern von der Groß­mutter miterzogen. Seit dem Anschluss Österreichs wurde die Familie verfolgt, Helga konnte im Juli 1939 nach England fliehen, die anderen konnten nicht mehr nachkommen. Die Mutter verlor ihre Stellung, wurde als Erziehungsberechtigte eines "Mischlings 1. Grades" zunächst nicht deportiert und überlebte den Krieg in einem Zimmer in der Nähe des Gestapo-Hauptquartiers, wäh­rend die Großmutter und die jüngeren Geschwister der Mutter verschleppt und ermordet wurden.
Von 1945 bis 1947 studierte Ilse Aichinger Medizin, schrieb ihren (zum Teil autobiographischen) Roman "Die größere Hoffnung", arbeitete als Lektorin für den S. Fischer Verlag und war Assis­tentin von Inge Aicher-Scholl an der Hochschule für Gestaltung in Ulm.
1951 wurde sie erstmals zur Gruppe 47 eingeladen, 1952 gewann sie mit ihrer "Spiegelgeschichte" den Preis der Gruppe.
1953 heiratete sie den Schriftstellerkollegen Günter Eich (1907 - 1972). Das Ehepaar lebte mit den Kindern Clemens (1954 - 1998) und Miriam (geb. 1957) zuerst in Lenggries, dann in Breitbrunn am Chiemsee und seit 1963 in Großgmain bei Salzburg. Nach dem Tod der Mutter (1983) siedelte sie nach Frankfurt am Main und 1988 nach Wien über, wo sie mit Richard Reichensperger (1961 - 2004) befreundet war und nach einer längeren Schaffenspause Ende der 1990-er Jahre wieder zu schreiben begann.
(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ilse_Aichinger)


Musterlösung:

Ilse Aichinger: Das Fenstertheater.
(Erweiterte Inhaltsangabe)

Das Fenstertheater ist eine Kurzgeschichte von Ilse Aichinger. Darin geht es um eine gelangweilte Frau, die wegen ihrer deutlich ausgeprägten Neugierde das Verhalten eines älteren Mannes im Haus gegenüber auf sich bezieht, sich belästigt fühlt und deshalb die Polizei verständigt.
Die sensationshungrige Frau, die den vorletzten Stock eines Hauses bewohnt, bemerkt, als sie aus dem Fenster sieht, dass in der gegenüberliegenden Wohnung das Licht eingeschaltet wird und ein alter Mann an das Fenster tritt. Er winkt, und da unter der Frau eine jetzt geschlossene Werkstatt liegt und die Wohnung über ihr vermeintlich leer ist, bezieht sie die Gestikulationen ihres Gegen­übers auf sich. Er treibt verschiedene unterhaltsame Faxen, aber als er einen Kopfstand macht und seine Beine in die Luft hält, fühlt sie sich belästigt und verständigt die Polizei. Als der Streifenwagen ankommt, ver­sammeln sich die Anwohner vor dem Haus. Einige Polizisten und die Frau suchen die Wohnung des Unbekannten auf, und als die Türklingel nicht gehört wird, brechen sie die Wohnung auf. Dort finden sie den schwerhörigen Alten, der sie noch nicht bemerkt hat, mit einem Teppich um die Schultern und einem Kissen auf dem Kopf. So kommuniziert er mit einem Jungen, der in der Wohnung über der Frau von ihr unbemerkt eingezogen ist. Der Junge ahmt die Vorstellung des Al­ten nach und bringt die Polizisten damit zum befreienden Lachen.
Die Geschichte hat einen unvermittelten Anfang und ein offenes Ende. Weder erfährt der Leser, wer die Hauptpersonen sind noch wann und wo die Geschichte spielt. Sie beginnt gleich mit einem be­stimmten Artikel und charakterisiert damit „die Frau” als einen für unsere Zeit typischen sensa­tionshungrigen, einsamen Menschen. Am Schluss bleibt offen, wie sich die Beteiligten in der für die Frau sicher peinlichen Situation weiter verhalten. Die Sprache der Erzählung ist modern und all­täglich, so dass sie von jedermann verstanden werden kann. Die Kurzgeschichte stellt einen Aus­schnitt aus dem Leben der Frau dar, der typisch für unsere sensationsgierige Gesellschaft ist: Wo keine echten Unfälle oder Katastrophen geschehen, wird zum Beispiel von gewissen Boulevard-Zeitungen gerne eine unbedeutende Gelegenheit zu einer Schlagzeile aufgebauscht. Hinterher ist die Enttäuschung umso peinlicher.
Es ist gut vorstellbar, dass Leute, die in einem Hochhaus in einem anonymen Stadtviertel wohnen, nur darauf warten, dass irgendetwas Spannendes passiert. In ihrem Übereifer und in ihrem Drang, sich in das Leben anderer einzumischen, kann es leicht vorkommen, dass sie sich von Kleinigkeiten belästigt fühlen und unnötig die Polizei verständigen. Derlei Nachbarschaftsquerelen beschäftigen oft auch die Gerichte und zeigen nur, wie einsam und zur normalen Kommunikation unfähig die Menschen in der Großstadt heute geworden sind.


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